Achtsamkeitsspaziergang – Tourbericht 01.03.2020

Seit vielen Jahren begleitet mich das Thema Achtsamkeit in meinem Alltag. 2007 besuchte ich erstmals einen 6-wöchigen Kurs Achtsamkeitsmeditation nach Jon Kabat-Zinn (MBSR – Mindful Based Stress Reduktion) bei Simone Hensel in Heidelberg. Die regelmäßige Meditation, die ich erlernte und in meinen Alltag übernahm, gaben mir Kraft und Energie und halfen stressige Situationen gelassener zu meistern. In München besucht ich vor einigen Jahren einen zweiten Kurs, um die Inhalte weiter zu festigen. Seither begleitet mich das Thema immer intensiver. Es braucht einige Übung, um mit den erlernten Methoden den Fokus auf sich selbst zu lenken: auf den Atem ….. auf den Körper … auf die Sinne …. Was spüre ich? Was fühle ich? Was denke ich? Wie geht es mir jetzt gerade in diesem Augenblick?

So einfach diese Fragen scheinen, so schwer fällt es im hektischen Alltag, sich darauf einzulassen. Stets sind wir mit dem Außen befasst: der Familie, dem Job, dem/der Partner*in, dem Hund, etc…… Wir denken an gestern, machen uns Gedanken über morgen oder überlegen, was wir sollen, müssen, ……..

“Die wahre Lebenskunst besteht darin, im Alltäglichen das Wunderbare zu sehen.”

(Pearl S. Buck)

Achtsam sein bedeutet nichts weiter, als sich des gegenwärtigen Augenblicks gewahr zu werden – in einer annehmenden, wohlwollenden und nicht wertenden Grundhaltung: Was sehe ich gerade? Was höre ich? Was rieche ich? Was spüre ich? Wie fühlt sich meine Körper gerade an? Diese Fragen bringen uns weg vom Denken hin ins Erleben, ins Spüren, ins Wahrnehmen ……

Unsere Hunde sind wahre Meister darin, im Hier und Jetzt zu sein. Sie denken nicht über das Gestern nach und machen sich keine Sorgen über die Zukunft. Sie leben in diesem einen Augenblick. Das ermöglicht Ihnen, das Leben in vollen Zügen zu genießen. Wer seinem Hund dabei zuschaut, wie er stundenlang in der Sonne döst, sich genüsslich räkelt und ab und an einen zufriedenen Grunzer von sich gibt, weiß, wovon ich spreche. Genau deshalb tun Hunde uns Menschen so unendlich gut.

Schon länger geistert mir die Idee im Kopf herum, einen Kurs zu konzipieren, in dem es darum geht, dass Hunde-Menschen von ihren Vierbeinern lernen. In der tiergestützten Therapie und Pädagogik nutzen wir die unglaublichen Fähigkeiten unserer Hunde ganz gezielt zur Förderung. Warum also nicht auch für uns Hundemenschen selbst? Nur wenn wir im Hier und Jetzt sind, gelingt es uns, in echten Kontakt mit unseren Hunden zu treten. Und wer will das nicht?

Ein weiterer positiver Nebeneffekt ist, dass uns der achtsame Umgang mit uns selbst zu deutlich besseren Hundeführer*innen macht. Wir können gelassener, souveräner und überlegter auf unsere Hunde reagieren und arbeiten aktiv an unserer eigenen Impulskontrolle. Wie oft beobachten wir im Alltag Hundehalter, deren Aufmerksamkeit sich pausenlos und permanent um ihren Hund dreht? Kommandos, Lob, Abbruchsignale, Schimpfen, nochmal Kommando, Leckerchen, Leinenimpuls, ……. der Hund steht quasi unter menschlichem Dauerbeschuss. Wie soll er da entspannen? Und wer führt derweil das Rudel und kümmert sich um die Außenreize? Kein Wunder, dass gerade diese Hunde besonders oft nach vorne gehen oder unerwünscht reagieren……

So formte sich allmählich die Idee, einen Achtsamkeitsspaziergang für Hunde-Menschen anzubieten. Ich gestehe, es war zunächst eine Vision. Ob das überhaupt jemanden interessiert? Meist will man im Training doch die Aufmerksamkeit seines Hundes haben? Warum soll man sich nun am Hund orientieren? Ist das nicht kontraproduktiv? Aber warum nicht einfach mal ausprobieren? Ich selbst erlebe im Alltag sehr oft, wie mir Paula hilft, zu mir zu kommen, mich zu entspannen. Ich schalte augenblicklich ab, wenn sich mich nach einem anstrengenden Tag stürmisch begrüßt und pure Lebensfreude mir entgegenspringt – ganz egal, ob ich nur fünf Minuten oder drei Tage weg war. Im gemeinsamen Spiel bin auch ich im Hier und Jetzt und verliere mich in Zeit und Raum – dann sind wir tatsächlich im F L O W. Und das fühlt sich sehr gut an, schenkt Kraft und Energie und vertieft unsere Beziehung.

1000 Ideen, Ansätze und Themen geisterten in meinem Kopf herum … Wie lässt sich das gut umsetzen? Wie bekomme ich Ruhe in die Gruppe? Konzentration und Einlassen im Freien? Was wenn die Hunde bellen? Machen die Leute überhaupt mit? Eigentlich ist es doch ganz banal, was ich erzähle? Die Zweifel zerstreuten sich schnell. Offenbar war ich mit dem Thema Achtsamkeit nicht allein, denn der Spaziergang war tatsächlich ausgebucht – sogar mit Warteliste!

Obwohl die erste Stunde nur ein vages Konzept hatte, traf das Angebot genau ins Schwarze. Alle Teilnehmerinnen und auch die Hunde machten begeistert mit, ließen sich ein……. das Wetter war ein Traum – meteorologischer Frühlingsanfang eben!

Die Fotos sprechen für sich. Neben kurzen Blitzlichtern gab es angeleitete Achtsamkeitsübungen mit geschlossenen Augen, während die Hunde bei ihren Menschen verweilten. Für mich war sehr interessant zu beobachten, wie unterschiedlich die Vierbeiner mit der für sie neuen Situation umgingen: Frauchen war ganz bei sich, beachtete sie nicht, reagierte nicht, es gab kein Kommandeo und es passierte einfach nichts drumherum (bis auf einige Passanten auf dem etwas entfernten Weg).

Elly (Mix) nutzte die einzigartige Chance und genoss den Augenblick: buddeln, wassermatschen, suhlen, wühlen – ein Hund im Glück! Das Powerpack Amy (Dobermann-Ridgeback-Mix, 2,5 Jahre) legte sich eigenständig ab, kam alleine in die Entspannung. Aussie Sam genoss es sichtlich, ganz nah bei seiner Familie auf der Wiese herumzuliegen und Terrier-Mix Clooney saß einfach da …. cool, gelassen, still. Während ich die Meditation anleitete beobachtete Paula aufmerksam die Gruppe von ihrer Decke aus. Einzig der junge Maltipoo Balou zappelte herum. Seinem Frauchen fiel es sichtlich schwer, sich auf die Übung einzulassen – wie war das mit der Henne und dem Ei? Unglaublich, wie sehr die Hunde uns doch spiegeln.

Eine weitere spannende Erfahrung für Hunde und Menschen war der 10-minütige Schweigemarsch in der Gruppe …. Habt Ihr das schon mal ausprobiert? Ich kann es wirklich jedem empfehlen. Dankbarerweise kam uns just auf diesem Stück ein angeleinter Tut-Nix-Labrador entgegen, der nicht nur mitten durch die Gruppe lief, sondern auch noch an so langer Leine war, dass er bis auf 2 Meter an unsere Hunde heranzerren konnte (Wir befanden uns quasi auf offenem Feld, Platz wäre genug gewesen). Und was geschah? Nichts! Alle Menschen blieben mit ihrer Aufmerksamkeit bei sich! Clooney gab einen halbherzigen Kläffer von sich, verstummte jedoch sofort, als ich ihn nur anschaute …….. Was will uns das sagen?

Gemeinsam den Wald und die Elemente erleben

Abschließend gab es noch ein achtsame Wahrnehmungsübung, bei der jedes Team allein im Wald unterwegs war, diesen mit allen Sinnen in seinem eigenen Tempo und Fokus erkunden konnte und dabei auf Schatzsuche ging……… Mehr sei hier nicht verraten!

Ein Team im Einklang mit sich und der Natur ❤️

Ich möchte mich ganz herzlich bei allen Teams bedanken fürs Mitmachen, fürs Einlassen, für die Offenheit und das schöne Miteinander – und nicht zuletzt für die positiven und motivierenden Feedbacks. Alle haben diese ganz besondere Art des Gruppenerlebnisses sehr genossen. Obwohl wir kaum Strecke zurückgelegt haben waren auch die Hunde reichlich müde von den vielen Eindrücken und ungewohnten Erfahrungen.

Demnächst wird es auf jeden Fall ein regelmäßiges Angebot “Achtsamkeit für Hundemenschen” geben: kleine Gruppe (max. 4 Teams), Freitags nachmittags, wechselnde Themen, Sinneserfahrungen und Treffpunkte. Im Idealfall findet sich eine feste Gruppe, die fortlaufend mit- und aneinander wächst. Termine und alles weitere demnächst auf Facebook bzw. unter https://erlebnishunde.de/termine-touren-preise-buchung/.
Wer Interesse hat, darf sich gerne unter info@erlebnishunde.de vormerken lassen.

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